Joe Biden will nicht aufgeben (2024)

Joe Biden legte nach allgemeinem Urteil einen energischen Auftritt hin. Er war witzig. Er war selbstironisch. Er wirkte kämpferisch und zupackend. Seine Sätze hätten nicht besser formuliert sein können. Er sagte klipp und klar, worauf es ankommt bei dieser Wahl zwischen ihm und Donald Trump. So wie am Freitag bei einer Wahlkampfveranstaltung in North Carolina hätte Biden beim TV-Duell von CNN auftreten sollen. Oder so wie in Manhattan, so wie in East Hampton, so wie in Red Bank am Samstag.

In den zwei Tagen nach seiner verpatzten Debatte vom Donnerstag spulte der US-Präsident sein dichtestes Programm seit Monaten ab. Als wollte er sagen: Seht her, ich kann das. 81 Jahre? No worries.

Es ist für seine weitere politische Karriere sicherlich nicht von Nachteil, dass der US-Präsident bei all diesen Auftritten einen deutlich besseren Eindruck hinterließ als in den CNN-Studios in Atlanta. „Ich weiß, ich bin kein junger Mann, um das Offensichtliche zu betonen“, sagte er in North Carolina. „Ich spreche nicht mehr so flüssig wie früher. Ich debattiere nicht mehr so gut wie früher. Aber ich weiß, was ich kann. Ich kann die Wahrheit erzählen.“

Biden hört nur auf einen kleinen Kreis von Vertrauten

Ob Biden damit aber das jämmerliche Bild korrigieren kann, das er in der Debatte gegen Trump abgegeben hat, darf man bezweifeln. Was vor wenigen Tagen noch undenkbar war, erscheint nun fast eine zwingende Konsequenz zu sein: Bei den Demokraten ist eine Debatte darüber ausgebrochen, ob es einen Plan B zu Biden braucht. Und wenn ja, wie dieser aussehen könnte.

Wer könnte Biden schonend dazu bringen, zu verzichten? Ein Übermaß an Bescheidenheit bei der Beurteilung der eigenen Fähigkeiten ist dem 81-jährigen US-Präsidenten eher nicht vorzuwerfen. Nur auf einen kleinen Kreis von Vertrauten hört er, viele davon aus seiner Familie: First Lady Jill Biden und seine Schwester Valerie Biden, zudem einige langjährige Weggefährten wie Ted Kaufman, Ron Klain und Bob Bauer.

Erschwerend kommt hinzu, dass die US-Parteien strukturell schwach sind. Da ist keine Parteipräsidentin, die Biden ins Gewissen reden könnte: Er ist selbst das Parteioberhaupt. Als ranghöchste Demokraten im Kongress könnten Senator Chuck Schumer und der Abgeordnete Hakeem Jeffries die Botschaft ins Oval Office tragen. Sekundiert von einflussreichen Demokraten, die Biden im Wahlkampf unterstützen: die Obamas, die Clintons, nicht zuletzt die großen Geldgeber. Sie dringen vielleicht durch zu dem Präsidenten, um ihm klarzumachen, dass es einen Neustart braucht, wenn die Partei die Wahl noch gewinnen will. Mit anderem Personal.

Michelle Obama hat Ambitionen immer glaubwürdig abgestritten

Für die Demokraten wäre es eine riesige Belastung, sieben Wochen vor dem Parteitag auf einen Plan B umzuschwenken. Doch sie könnten es auch als Chance begreifen. Einen Schub etwa erhoffen sich viele von der ehemaligen First Lady Michelle Obama. Allerdings hat die 60-Jährige bisher solche Ambitionen mehr als nur glaubwürdig abgestritten.

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US-Demokraten

:Ohne Biden, ginge das überhaupt noch?

Den Demokraten bliebe schon die Zeit, ihren Kandidaten auszutauschen – theoretisch. Praktisch dürfte das aber nur unter einer Voraussetzung funktionieren.

Als Hoffnungsträger kämen eher Demokraten der jüngeren Generation infrage, die bereits einen Ansatz eines nationalen Rufs besitzen, die allermeisten von ihnen Gouverneure. Nun kursiert eine ganze Reihe von Namen, von Andy Beshear, 46, Kentucky, über Pete Buttigieg, 42, Transportminister, bis zu Gretchen Whitmer, 52, Michigan, und Gavin Newsom, 56, Kalifornien. Mit Kamala Harris, 59, Vizepräsidentin, müssten Schumer und Co. ebenfalls anspruchsvolle Gespräche führen. Sie ist zu eng mit Biden verbandelt – laut Umfragen würde sie gegen Trump noch deutlicher verlieren, auch sie müsste wohl den Weg frei machen.

Obama ließ verlauten, er habe 2012 die erste Debatte auch verhauen

Biden und seine Berater scheinen jedoch nicht daran zu denken, aufzugeben. In den zwei Tagen nach der Debatte ließen sie keine Gelegenheit aus, um zu signalisieren: Wir bleiben hier schön bei Plan A. „Ich weiß, wie man diesen Job macht“, sagte Biden. First Lady Jill Biden schob an einem Sponsorentreffen nach, sie habe ihm Mut zugesprochen: „Wir werden es nicht zulassen, dass 90 Minuten deine vier Jahre als Präsident definieren.“ Obama ließ verlauten, er habe 2012 die erste Debatte auch verhauen.

Der Präsident zog sich am Wochenende nach Camp David zurück, in die Abgeschiedenheit und Kühle der Catoctin Mountains, offiziell für ein Familienfoto. Energisch versuchte seine Entourage den Eindruck zu zerstreuen, der Präsident könnte dort, wo er die Debatte vorbereitet hatte, die Konsequenzen daraus ziehen.

Es gelte jetzt, die Reihen hinter Biden zu schließen, verbreiten seine Spin-Doktoren. Die Umfragen abzuwarten. Biden sei inhaltlich besser gewesen als Trump. Die Amerikaner würden erst beginnen, sich daran zu erinnern, warum sie Trump nicht mögen, den 78 Jahre alten notorischen Lügner, Fremdenfeind, Frauenverächter, Bilanzfälscher und mutmaßlichen Putschisten.

Nur Biden könne Trump besiegen. Wobei sich der Eindruck hartnäckig hält, dass Biden in erster Linie sich selbst besiegt.

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